Herzlich willkommen zum Tag der Deutschen Einheit. Wir begehen ihn in diesem Jahr zum 33. Mal. Die deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 gehört zu den glücklichsten Momenten der deutschen Geschichte. Sie bleibt ein Grund der Freude für alle Deutschen.

In diesem Jahr freuen wir uns darüber, dass an unserem Empfang in Hanoi eine große Delegation aus Niedersachsen unter Leitung von Ministerpräsident Stephan Weil teilnimmt. Dieser Besuch zeigt die Breite und Tiefe der Beziehungen zwischen Deutschland und Vietnam. Die Beziehungen bestehen nicht nur zwischen den nationalen Regierungen, sondern zwischen Institutionen und Organisationen auf verschiedenen Ebenen und im ganzen Land. Sie bestehen aber vor allem auch zwischen den Menschen in beiden Ländern. Wirtschaftsförderung ist ein besonderes Anliegen der deutschen Bundesländer bei ihren Auslandsaktivitäten. Dies gilt auch für Niedersachsen. Die große Delegation von etwa 60 Personen hat einen wirtschaftlichen Schwerpunkt.

Die deutsch-vietnamesischen Wirtschaftsbeziehungen entwickeln sich gut. Im vergangenen Jahr konnte sich der Handelsaustausch nach der Pandemie wieder erholen. Das Handelsvolumen wuchs auf 18 Milliarden Euros. Davon entfielen fast 15 Milliarden auf vietnamesische Exporte nach Deutschland. Sie stiegen im Jahr 2022 um 37 % an.

Wir wollen die Wirtschaftsbeziehungen weiter intensivieren. Lassen Sie mich zwei Bereiche herausheben: Zum einen die Energiewende, zum anderen die Fachkräfterekrutierung.

Deutschland arbeitet seit 2009 mit Vietnam im Energie-Sektor zusammen durch zahlreiche konkrete Projekte und durch finanzielle Unterstützung. Dabei geht es vor allem um den Ausbau der erneuerbaren Energien und um die Verbesserung der Energie-Effizienz. Die Energiewende ist ein Schlüsselprojekt für den Umgang mit dem Klimawandel. Vom Klimawandel sind alle Staaten betroffen, Vietnam in besonderer Weise. Deutschland ist ein aktives Mitglied der G7 plus-Gruppe, die mit Vietnam eine vertiefte Partnerschaft für eine gerechte Energiewende („Just Energy Transition Partnership“) eingegangen ist. Wir wollen Vietnam umfangreich unterstützen.

Dies wollen wir auch deshalb, weil Deutschland ebenfalls die Energiewende meistern muss. Wir wollen unsere Erfahrungen teilen und von den Erfahrungen anderer lernen. Im Eingangsbereich unseres heutigen Empfangs präsentieren wir eine kleine Ausstellung zur Energiewende. Wir wollen informieren und Anstöße geben. Vielleicht finden Sie die Zeit, sich die Ausstellung anzusehen. Niedersachsen ist innerhalb Deutschlands ein Vorreiter der Energiewende. Deshalb haben wir als Bühnenbild für den heutigen Empfang ein Photo von einem niedersächsischen Windenergie-Park ausgewählt. Eine Lehre können wir bereits jetzt aus unserer Erfahrung ziehen. Für den Erfolg brauchen wir die aktive Beteiligung aller: sowohl der staatlichen Stellen als auch der Privatwirtschaft und der Nicht-Regierungsorganisationen. Ihr Beitrag ist unverzichtbar.

Ein weiterer Bereich mit Zukunft ist die Fachkräfterekrutierung. Aufgrund des demographischen Wandels benötigt Deutschland ausländische Fachkräfte. Dazu haben wir unsere Gesetzgebung geändert und die Einwanderung erleichtert. Es gibt in Deutschland eine große vietnamesische Kommunität, die gut integriert ist und erfolgreich arbeitet. Vietnamesen leben überall in Deutschland, auch etwa in Niedersachsen. Der vietnamesische Einfluss zeigt sich zum Beispiel in der Restaurant-Landschaft. In fast allen größeren deutschen Städten gibt es vietnamesische Restaurants, die sich großer Beliebtheit erfreuen.

Wir möchten weiter qualifizierte Vietnamesen für den deutschen Arbeitsmarkt gewinnen. Zwei Voraussetzungen sind dafür wichtig, zum einen die Sprache, zum anderen die fachliche Qualifikation. In beiden Bereichen engagieren wir uns in Vietnam. Sprachkurse bietet etwa das Goethe-Institut an sowie verschiedene Schulen, die dafür unter anderem von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen unterstützt werden. Die Berufsbildung ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt unserer entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Im akademischen Bereich ist die Vietnamesisch-Deutsche Universität ein Leuchtturm der Kooperation. Die Universität konnte im letzten November ihren eindrucksvollen neuen Campus in der Provinz Binh Duong beziehen.

Wir wollen aber auch im politischen Bereich mit Vietnam enger zusammenarbeiten. Ausdruck dieses Wunsches ist der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Vietnam im November letzten Jahres. Wir erleben zurzeit, dass die internationale regelbasierte Ordnung herausgefordert wird. Die größte aktuelle Herausforderung ist der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die internationale regelbasierte Ordnung ist die Voraussetzung für Frieden und Wohlstand in der Welt. Ihre zentralen Elemente sind in der VN-Charta verankert. Es geht um territoriale Integrität und Souveränität, um das Gewaltverbot und um das Gebot, Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln zu lösen. Diese Normen müssen wir schützen und verteidigen. Die Aufrechterhaltung der internationalen regelbasierten Ordnung ist ein elementares Interesse Deutschlands. Wir denken, dass sie auch im Interesse Vietnams liegt, und bieten Vietnam dafür unsere Zusammenarbeit an.