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Gedenken an die Opfer des Holocausts
Memorial candles lighting & „On a nature of daylight“ composed by Max Richter, performed by musicians from INSPIRITO School of Music, © German Embassy Hanoi
„Papiere!“ brüllten die Beamten der Geheimen Staatspolizei, als die siebenjährige Betty Eppel, ihr fünfjähriger Bruder Jacques und ihr Vater Shmuel 1942 unter falscher Identität mit dem Zug aus dem nordfranzösischen Valenciennes in das südfranzösische Dullin flohen. Die Beamten erkannten nicht, dass die Identitätspapiere gefälscht waren – und ließen die jüdische Familie weiterreisen. Die nunmehr 87-jährige Betty Eppel schilderte am 29. März 2023 im Rahmen einer von dem vietnamesischen Friedenskomitee, den Vereinten Nationen, der deutschen Botschaft und der israelischen Botschaft in Hanoi organisierten Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag eindringlich, wie sie, ihr Bruder und ihr Vater vor den deutschen Nationalsozialisten flohen und sich im Süden Frankreichs vor diesen versteckten.
Das Publikum, darunter zahlreiche Studierende der Diplomatischen Akademie und Mitglieder des diplomatischen Corps, lauschten bestürzt der bewegenden Geschichte Betty Eppels. Ihre Mutter und ihr jüngerer Bruder konnten nicht vor den Nationalsozialisten fliehen und wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.
Auch der israelische Botschafter, Yaron Mayer, schilderte in einer persönlichen Rede, dass er in seiner Jugendzeit eines der wenigen Kinder gewesen sei, das noch lebende Großeltern gehabt habe – seine Großeltern seien noch rechtzeitig vor den Nazis aus Budapest geflohen – während viele der Großeltern seiner Freunde im Holocaust umgebracht worden seien. Er hob die systematische Ermordung von 6 Millionen Juden während der Nazi-Herrschaft hervor und erklärte, dass die Überlebenden des Holocausts eine zentrale Rolle im Kampf gegen das Vergessen hätten. Die Erinnerung an den Holocaust und deren Weitergabe an die junge Generation seien eine Verpflichtung.
Der deutsche Botschafter Guido Hildner dankte dem israelischen Botschafter für die Einladung zur gemeinsamen Begehung des Holocaust-Gedenktages. Seinen besonderen Dank richtete er an Betty Eppel für die Schilderung ihres Schicksals und jenes ihrer Familie. Ihr Schicksal und das ihrer Familie stünden beispielhaft für das Schicksal von 6 Millionen Opfern. So unterschiedlich die Biographien der Opfer seien, so teilten sie ein gemeinsames Schicksal: sie seien ermordet worden, weil sie Juden waren.
Er sei als deutscher Botschafter der Vertreter des Landes, das den Holocaust zu verantworten habe. Der Holocaust sei ein Zivilisationsbruch, der absolute Tiefpunkt der deutschen Geschichte und werde es für immer bleiben. Er frage sich bis heute, wie dies möglich gewesen sei, und habe keine Antwort darauf gefunden.
Der Umgang mit dem Holocaust sei ein essentieller Bestandteil der deutschen politischen Kultur. Er sei ebenso schmerzhaft wie unvermeidbar. Er sei eine bleibende Verpflichtung, die niemals enden werde.
Da nicht völlig auszuschließen sei, dass sich etwas Ähnliches wie der Holocaust in der Zukunft wiederhole, müssten wir wachsam sein und uns selbst schützen. Eine der stärksten Formen der Erinnerung sei die Begegnung mit Überlebenden wie auf der heutigen Veranstaltung mit Betty Eppel.
Der stellvertretende Vorsitzende des vietnamesischen Friedenskomitees, Tran Dac Loi, sagte, dass die Nazis nach der Machtübernahme innerhalb kürzester Zeit das Leben von 6 Millionen Juden ausgelöscht hätten. Das vietnamesische Volk traure daher mit der jüdischen Gemeinschaft und setze sich für eine friedlichere und bessere Welt ein.
Die Vertreterin der Vereinten Nationen in Vietnam, Pauline Tamesis, zitierte in ihrer Rede den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, der anlässlich des Internationalen Holocaustgedenktags unterstrich, dass die Erinnerung an den Holocaust ein Aufruf dazu sei, stets wachsam und im Angesicht von Hass nie schweigsam zu sein, niemals Intoleranz zu akzeptieren und das Leiden anderer Menschen niemals zu ignorieren. Wir alle müssten uns täglich dazu verpflichten, uns dem Bösen in all seinen Formen entgegenzustellen und für eine Welt mit Frieden, Menschenrechten und Würde für jeden Menschen einzusetzen.
Zum Gedenken an die 6 Millionen jüdischen Opfer des Holocausts zündeten junge vietnamesische Studierende sechs Kerzen an. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Musikern der Inspirito School of Music. Am Ende der Veranstaltung hatten die Besucher die Möglichkeit, ihre Friedensbotschaften auf einer Tafel zu hinterlassen. „Never forget“ und „never again“ – diese Botschaften sprechen für sich.